…und plötzlich läuft es in der Kirchengemeinde nicht mehr wie gewohnt, weil eine:r im Team wegen Burnout auf unbestimmte Zeit fehlt. Dieses Ereignis kennen viele ehrenamtliche und hauptamtliche Mitarbeiter:innen aus dem eigenen Gemeindeleben. Doch wie kommt es dazu? Und vor allem: Kann man etwas dagegen unternehmen?
Die Sache auf den Grund gehen
Bei der Entstehung eines Burnouts treffen immer äußerliche Belastungen mit der inneren Haltung einer Person zusammen (siehe Abbildung 1). Aus dem Aufeinandertreffen dieser Faktoren entstehen Enttäuschungen. Diese steigern die persönliche Belastung.
Nun: Was fördert die eigene Gesundheit und Widerstandskraft im Auf und Ab unseres Lebens? Die Forschung hat eine ganze Reihe von sog. Resilienzfaktoren ausgemacht. Dabei ist Resilienz die Widerstandsfähigkeit in den Widrigkeiten des Lebens.
Zu diesen Resilienzfaktoren gehört die Empathie, also das Einfühlungsvermögen. Das haben wir im besten Fall zunächst in uns selbst. Wir können die eigenen Gefühle spüren, sie körperlich sowie sprachlich ausdrücken können und schließlich lernen, sie zu regulieren. Oder wie schon M. Luther sagte: „Du kannst nicht verhindern, dass die Vögel der Sorge über deinem Haupt kreisen, aber du kannst dafür sorgen, dass sie nicht Nester in deinen Haaren bauen.“ Ein wichtiger, aber eher unbekannter Resilienzfaktor ist die Selbstwirksamkeitsüberzeugung. Dabei kommt es nicht auf eine objektive Wirksamkeit an, sondern darauf, dass ich überzeugt bin, dass ich wirksam bin. Ob ich diese Wirksamkeit im beruflichen oder im ehrenamtlichen oder privaten Feld erlebe, ist dagegen nicht so wichtig.
Resilienz hat damit zu tun, Unterschiede machen zu können, vor allem, wenn ich auf Beschränkungen treffe, die das Leben mir zumutet, und nach Erfahrungen des Scheiterns. Hier geht es um zweierlei: Erstens sollte man unterscheiden, worauf ich Einfluss habe und worauf nicht, um sich mit verbindlichem zu arrangieren. Deshalb wird dieser Punkt auch häufig Akzeptanz genannt. Nach Erfahrungen des Scheiterns gilt es zweitens, resilient statt depressiv zu reagieren: Ich übernehme die Verantwortung für meinen Teil am Scheitern und vertraue darauf, dass es beim nächsten Mal besser gehen wird.
Zu den eher bekannteren Resilienzfaktoren zählen die Fähigkeit, soziale Netzwerke zu unterhalten und sich an ihnen zu beteiligen: Familien, Freundschaften, ehrenamtliche Arbeit und Teilhabe am Gemeinwesen kann resilient machen.
Auch gelebte Spiritualität schützt: zu glauben und zu erleben, dass man zu etwas Größerem gehört, zu Gott und zur Menschheit. Genauso zählt realistischer Optimismus zu den Resilienzfaktoren, Betonung auf realistisch.
Ist Prävention das A und O?
Äußere Umstände allein machen nie einen Burnout. Der passiert nur in Kombination mit der mangelnden inneren Fähigkeit die äußere Belastung zu bewältigen. Insofern können Verbesserungsvorschläge für die Ausbildung nur das Risiko mindern. Sicher könnte man an der Ausbildung immer wieder vieles ändern. Das geschieht auch. Dennoch kann man nicht verhindern, dass auch die nächste Generation mit ihren eigenen Themen in Krisen und Burnout geraten kann. Viel wichtiger ist dagegen, dass Menschen Bewältigungsmechanismen lernen, die den Resilienzfaktoren entsprechen. Die Forschung hat nämlich nachgewiesen, dass exakt dieselben äußeren Umstände eben manche in den Burnout treiben und andere überhaupt nicht. Das gilt für hauptamtlich arbeitende Menschen ebenso wie für ehrenamtlich Arbeitende.
Hinweise gegen die Burnout-Spirale
- Multitasking vermeiden.
- Feste Zeiten für E-Mail-Bearbeitung, Sprech- und Lesezeiten einrichten.
- Mit mir selbst und anderen Menschen wertschätzend statt abwertend reden.
- Mit Zeitmanagement-Methoden den Zeitdruck mindern.
- „Nein“ sagen lernen.
- Fehler wohlwollend unter die Lupe nehmen: Welche Erkenntnisse könnte ich daraus gewinnen?
- Rollenerwartungen überprüfen. Widersprüchliche Rollen bringen konträre Erwartungen mit sich. Das führt zu hohem Stress: Vorgesetzte:r und Seelsorger:in für dieselbe Person sein zu wollen, ist oft unmöglich!
- Unklare Zielvorgaben in klare Vorgaben verwandeln.
- Überforderung mir selbst eingestehen und entsprechende Aufgabe abgeben.
- Unterforderung und zu viel Routine mit den Kollegen besprechen. Das Team sollte neue Herausforderungen definieren.
- Mich von zu hohen Idealen verabschieden, indem ich ein Teil meines Gehaltes als Schmerzensgeld verstehe.
- Überstunden mit gutem Gewissen abfeiern!
- Meine Beziehung zu Gott und mein soziales Netzwerk pflegen.
- Konflikte und Kritik immer face-to-face, niemals schriftlich oder digital.
- Zeit für mich allein nehmen, abgesehen von Freund:innen, Hobbies, usw.
- Mir regelmäßig und ehrlich die Frage stellen: Fühle ich mich gerade wohl?
- Mich für eine gute Sache engagieren.
- Sport so betreiben, dass ich meinen Körper spüre.
- Eine Entspannungsübung wählen, die ich auch in Stresszeiten durchführen kann.
- Hilfe annehmen.
- Jemanden lieben.
- Humor kann vermeiden, dass manche Dinge nicht todernst werden und uns im Übermaß frustrieren.
Autorin:
Dr. Dagmar Kreitzscheck