Ausgrenzung und Umarmung

Die Realität im einundzwanzigsten Jahrhundert beunruhigt. Die einfache Tatsache, in irgendeiner Weise anders zu sein, wird als etwas Böses definiert. Warum macht uns das Fremde zu schaffen und wie können wir als Christ:innen glaubwürdig damit umgehen? Johannes Stahl hat seinen ehemaligen theologischen Lehrer Dr. Miroslav Volf befragt.

„Mein Auslandsstudium liegt ein Vierteljahrhundert zurück, damals in den USA begegnete mir Dr. Miroslav Volf, ein Europäer mit kroatischen Wurzeln. Volf ist inzwischen Professor in Yale und hat seine Thesen von Ausgrenzung und Umarmung, die mich in den 90ern gepackt haben, ausgereift und differenziert. Geboren aus der persönlichen Erfahrung einer tödlichen Unversöhnlichkeit in Serbien und Kosovo vertritt Volf die Ansicht, dass christliche Theologie Wege finden muss, um sich mit dem Hass auf Andere auseinanderzusetzen. Gibt es eine Hoffnung, unsere Feinde zu umarmen?

Gibt es eine Hoffnung, unsere Feinde zu umarmen?

Indem Volf auf die neutestamentliche Metapher der Erlösung als Versöhnung zurückgreift, schlägt er die Idee der Umarmung als theologische Antwort auf das Problem der Ausgrenzung vor. Er sagt: „Wir stellen zunehmend fest, dass die Ausgrenzung zur Hauptsünde geworden ist, die unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit verzerrt. Angesichts dessen müssen Christen lernen, dass das Heil nicht nur dann kommt, wenn wir mit Gott versöhnt sind und nicht nur dann, wenn wir lernen, miteinander zu leben. Gottes Heil kommt, wenn wir den gefährlichen und kostspieligen Schritt tun, uns dem anderen zu öffnen, sie oder ihn in die gleiche Umarmung einzuschließen, mit der wir von Gott umarmt wurden.“

Identitätszentrierte Konflikte innerhalb und zwischen den Nationen waren lediglich Strömungen im großen Strom der globalen Integrationsprozesse und der Ausbreitung der globalen Monokultur – so dachten wir am Ende des letzten Jahrtausends. Aber die Welt ist nicht mehr geeint, und der Widerstand gegen die Globalisierung kommt nicht mehr nur von Randgruppen und kleineren Nationen. Aber auch, weil die Globalisierungsprozesse eine Spur des Leids und der Orientierungslosigkeit hinterlassen haben, die sich am deutlichsten in den außerordentlichen Diskrepanzen von Reichtum und Macht zwischen und innerhalb der Nationen der Welt, der fortschreitenden ökologischen Zerstörung und dem Verlust des Gefühls kultureller, religiöser und nationaler Identität und Kontrolle zeigt.

Ihr Motto lautet: „Europa wird entweder christlich sein oder es wird aufhören zu sein“

Nationale, ethnisch-kulturelle, religiöse, rassische, geschlechtliche und sexuelle Identitäten sind heue wesentliche Triebkräfte der Politik. Bei der Wahlkampagne „Make America Great Again!“, die Donald Trump ins Weiße Haus brachte, ging es vor allem um Identität, um die Wahl zwischen einem weißen, „jüdisch-christlichen“, nationalistischen Amerika und einem pluralistischen Amerika, in dem Gruppen mit unterschiedlichen, dominanten Identitäten unter einem Dach zusammenleben. Bei den extremen Rechten geht es um Identität.

Religionen haben immer auch ein Identitätsanliegen, aber sie werden oft mit anderen Identitäten und Interessen verbunden. Zwei Varianten des Christentums, der Katholizismus und die Orthodoxie, waren zusammen mit dem Islam der Grund für den Krieg zwischen ethnischen Gruppen im ehemaligen Jugoslawien, als Volf sein Buch „Ausgrenzung und Umarmung“ schrieb. In identitätszentrierten Kämpfen fungieren Religionen in der Regel als Marker für Gruppenidentitäten und als Werkzeuge im Dienst politischer Kräfte, die als Hüter dieser Identitäten auftreten. Sie verlagern den Konflikt in den Bereich des Sakralen und erhöhen seine Brisanz.

Die Praxis der Umarmung ist eine Dimension des wahren Lebens, das durch Jesus Christus, das fleischgewordene Wort, ermöglicht wurde.

Das ist schlecht für die Welt und für die Religionen selbst. In ihren Ursprüngen und in ihren besten historischen Ausprägungen sind alle Weltreligionen universelle Religionen, die jeden Menschen als menschliches Wesen ansprechen.

In der europäischen Neuen Rechten – „génération identitaire“ in Frankreich, „identitäre Bewegung“ in Deutschland und Österreich, „generation identity“ in Großbritannien – sieht Volf die einflussreichste politische Identitätsbewegung im Westen. Sie ist auch philosophisch eine der Anspruchsvollsten. Die Vertreter der europäischen Neuen Rechten lehnen nicht nur die angebliche Dekadenz und Leere der westlichen Kultur ab, sondern auch den Kapitalismus und das Primat der instrumentellen Vernunft, von denen man annimmt, dass sie dieser Dekadenz und Leere zugrunde liegen. Doch der Hauptfeind dieser Identitären sind die kosmopolitischen, multikulturellen und liberalen Globalisten. Sie sind es, die Europas Tore weit geöffnet haben für das, was der französische Schriftsteller und Polemiker Camus Renaud „Gegenkolonisation“, „die große Dekulturation“ oder „die große Ablösung“ nennt. Drei Begriffe für die Vorstellung, dass Menschen aus dem Nahen Osten, Nordafrika und Subsahara-Afrika, die meisten von ihnen Muslime und alle nicht weiß, allmählich die weiße Mehrheit Europas, die Träger der christlich geprägten Zivilisation, ersetzen.

Die meisten europäischen Identitären sind Christen, oft junge, konservative Katholiken; selbst die Atheisten unter ihnen bestehen auf dem christlichen Charakter des säkularen Westens. Ihr Motto lautet: „Europa wird entweder christlich sein oder es wird aufhören zu sein“. Wenn es jedoch um den Inhalt ihrer gesellschaftlichen Vision geht, ist der christliche Glaube, den die europäischen Identitären ebenso wie ihre Pendants in Amerika und Russland für sich beanspruchen, zu einem sakralisierten Identitätsmerkmal und einem Werkzeug in politischen Kämpfen ausgehöhlt worden.

Die Identität eines Menschen als „Ebenbild Gottes“ und „Kind Gottes“ wird bei Caroline Sommerfeld, einer führenden Philosophin der Neuen Rechten, in andere Identitäten eingepasst und nicht umgekehrt. Wir sind in erster Linie Mitglieder unserer ursprünglichen Gemeinschaft – Heimat, geografische Region usw. – und erst in zweiter Linie Mitglieder der vielfältigen menschlichen Gemeinschaft oder der Kirche, dem einen Volk Gottes, das viele Sprachen spricht. „Zuerst kommt der Schoß der Mutter, das Haus des Vaters, das Dorf, die Gegend, das Land, der Nationalstaat, zuletzt die Menschheit“, schreibt Caroline Sommerfeld.

In „Ausgrenzung und Umarmung“ geht es Volf um Identität, aber er ist nicht identitär.

… dass die Feindesliebe, die in Gottes Umarmung der sündigen Menschheit in Christus zum Ausdruck kommt, für den christlichen Glauben und das Leben in der Welt von grundlegender Bedeutung ist.

Für Volf ist die Praxis der Umarmung und die Theologie, die sie untermauert, eine Dimension des wahren Lebens, eine Art von Leben, das durch Jesus Christus, das fleischgewordene Wort, ermöglicht wurde. Das Bekenntnis zu Christus als dem wahren Leben steht im Gegensatz zu der Vernachlässigung dessen, was in den hyperindividualistischen, marktorientierten Gesellschaften der Gegenwart am wichtigsten ist.
Volf hält fest: „Gottes unveränderliche und bedingungslos liebende Beziehung zu allen Menschen (Johannes 3,16) begründet deren gemeinsames Menschsein und Gleichheit. Der eine dreieinige Gott ist der Gott aller Menschen, von denen jeder ein einzigartiges und dynamisches Geschöpf einer bestimmten Zeit, einem Ort und einer Kultur ist.

In „Ausgrenzung und Umarmung“ geht Volf von einer solchen Darstellung des Charakters und der Herkunft der gemeinsamen Menschheit aus. Der Strang über identitätszentrierte Konflikte beruht auf der Überzeugung, dass die Feindesliebe, die in Gottes Umarmung der sündigen Menschheit in Christus zum Ausdruck kommt, für den christlichen Glauben und das Leben in der Welt von grundlegender Bedeutung ist: Die Unbedingtheit der göttlichen Liebe erfordert und ermöglicht die entsprechende Unbedingtheit der menschlichen Liebe.

Die Hauptthese von Volf ist folgerichtig: Der Wille, uns anderen hinzugeben und sie „willkommen“ zu heißen, geht jedem Urteil über andere voraus.

Miroslav Volf ist gebürtiger Kroate und Professor für Systematische Theologie an der Divinity School der Yale Universität in New Haven, Connecticut. Sein Werk „Exclusion & Embrace“ gilt „Christianity Today“ als eines der 100 besten religiösen Bücher des 20. Jahrhunderts und wurde 2002 mit dem Louisville Grawemeyer Award in Religion ausgezeichnet.

Zitronenfalter 01/2022

Liebe Leserinnen und Leser,

Es ist Sommerzeit. Zeit der Fernreisen. Wie sehr genießen wir es im Urlaub, in der Fremde und unter Fremden zu sein. Aber wie sieht es in unserer Nachbarschaft, unserer Gemeinde, unserem Land aus mit der Freude am Frem- den? Und sind wir uns nicht manchmal selber fremd… sogar oder erst recht, in unserer Art zu glauben? Die Antike erkannte das Fremde in der Dimension unterschiedlicher Sprachen, griechisch: ßápßapoç, bárbaros: Barbar war der Fremde, der schlecht griechisch und damit unverständlich sprach. Aber stimmt die Bewer- tung: das Eigene, Vertraute ist gut, alles Fremde ist „barbarisch“? Diese Ausgabe des Zitronenfalters lädt ein, sich mit dem Fremden in mir auseinander
zu setzen. Die Autorinnen und Autoren stellen Fragen: Miroslav Wolf: Ausgrenzen oder umarmen? Andreas Hiller: Wie gehe ich mit Vorurteilen um? Sarah Vecera: Macht Alltagsrassismus vor der Kirchentür halt? Und Jakob „Jay“ Friedrichs: Was mache ich, wenn der eigene Glaube fremd wird? Für uns, Tabea und Johannes, ist es zusammen mit Christian Kohler die letzte Ausgabe, an der wir mitgearbeitet haben. Wir verabschieden uns aus dem Redaktionsteam und danken für wunderbare Jahre der kreativen Teamarbeit und für unzählige konstruktive Rückmeldungen!

Das komplette Heft können Sie hier lesen oder als PDF herunterladen.

Rückblick auf die Sommersynode 2022

Kirche der Zukunft – Neue Aufbrüche

Eine Gesamtstrategie für die Zukunft? Neue Formen von Kirche ermöglichen und fördern?

Darum kämpfen wir von Kfm schon seit langem. Nachdem ein entsprechender Antrag durch den Ausschuss „Kirchen- und Gemeindeentwicklung“ lief und vom Oberkirchenrat nur alibimäßig behandelt wurde, brachte der Vorsitzende Kai Münzing einen Folgeantrag an. Wir wollen die Stelle „Neue Aufbrüche“ verstetigen.

10 Innovationspfarrstellen hängen an ihr und natürlich die Begleitung sämtlicher Vor-Ort-Aufbrüche in Württemberg. Wir feiern, dass nur fünf Synodale sich unserem Anliegen nicht anschließen konnten.

Jetzt liegt es am Oberkirchenrat diese Pfarrstelle bestmöglich in die Zukunft zu bringen. Damit aber nicht genug. Wir brachten den neuen Antrag 34/22 ein. Darin fordern wir eine “Stabsstelle beim Landesbischof“ für Wandel, Transition und Innovation. Wir wollen Ideen schmieden und Erprobungsräume öffnen und evaluieren. 28 Synodale unterschrieben den Antrag schon im Vorfeld und er wurde an den KGE-Ausschuss verwiesen.                           

– Tobi Wörner


Digitales Abendmahl jetzt möglich

Mit überwältigender Mehrheit haben die Landessynodalen einer Änderung der Abendmahlsordnung unserer Landeskirche zugestimmt. Es wird jetzt möglich, dass Kirchengemeinden das Abendmahl in digitaler Form feiern können.

Wir Synodale von Kirche für morgen freuen uns über diese Entscheidung.

– Oliver Römisch


Modernisierung der Verwaltung

Der Oberkirchenrat brachte bei der diesjährigen Sommersynode einen Gesetzesentwurf zur Modernisierung der Verwaltung in der Ev. Landeskirche ein. Das Gesetz soll nach Beratung in den Fachausschüssen dann in der Herbstsynode verabschiedet werden. Es sieht weitreichende Änderungen in unseren Verwaltungsstrukturen vor: Verwaltung soll bis Ende 2030 umgestaltet werden: Mitarbeit wird in Regionalverwaltungen zentralisiert, soll aber auch deutlich digitaler werden. In den Kirchengemeinden soll die Assistenz der Gemeindeleitung direkte Ansprechperson sein und Aufgaben des Gemeindesekretariats und lokale Administrationsaufgaben der bisherigen Kirchenpflegen in sich vereinen.

Als Kirche für morgen finden wir es wichtig, dass wir unsere Verwaltungsstrukturen fit füs digitale Zeitalter machen. „Wir haben ein Kommunikationsproblem.“ – so Götz Kanzleiter in seinem Votum. Und auch Kai Münzing, Vorsitzender des Ausschusses für Kirchen- und Gemeindeentwicklung, mahnte an, die „mittlere Ebene“, die das Projekt dann an ihrer Basis transportieren muss, besser in das Projekt mit hineinzunehmen, als das bisher geschah.

– Ralf  Walter


Aktuelle Stunde zur Ukraine-Krise

Bei der aktuellen Stunde wurde der Krieg in der Ukraine und die Folgen und die Verantwortung für die Kirchen in den Blick bekommen. Matthias Vosseler berichtete über gelungene Initiativen, die es in vielen Kirchengemeinden mit den Flüchtlingen aus der Ukraine gibt. „Hier ist unsere kirchliche Verantwortung gefragt; die Gesellschaft erwartet das von uns, aber wir bekommen auch viele positive Rückmeldungen.“ Bei allem Einsatz für die Flüchtlinge aus der Ukraine sind aber die vielen anderen Flüchtlinge nicht aus dem Blick zu verlieren, die aus anderen Ländern zu uns gekommen sind, die oft noch viel schwierigere Bedingungen haben.


Bericht zur Chancengleichheit

Chancengleichheit ist eine Querschnittsaufgabe: Sie betrifft Faktoren, wie Geschlecht, sexuelle Identität, Alter, Behinderung, Migration und Religion entsprechend den Kriterien des allgemeinen Gleichstellungsgesetzes. Wir wollen achtsame Kirche sein: beim Thema sexualisierte Gewalt und bei Diskriminierung aller Art.

Ursula Kress

Diese Worte standen am Anfang und Ende vom Vortrag der Gleichstellungsbeauftragten Ursula Kress.

Der Umgang mit sexualisierter Gewalt wird zunehmend implementiert auf den Leitungsebenen: Dekaninnen/Dekane wurden bereits geschult, auch Pfarrer/Pfarrerinnen werden derzeit geschult und für Verwaltungsstellenleitenden ist es geplant. Die Abgabe einer Selbstverpflichtungserklärung muss zum Standard aller kirchlichen Mitarbeitenden werden.

Prävention und Intervention bei sexualisierter Gewalt braucht mehr personelle Ressourcen, die fest im Stellenplan verankert werden.

Nach wie vor gibt es zu wenig Frauen auf der Leitungsebene. Es gilt gute Rahmenbedingungen und eine gute Infrastruktur zu schaffen. Frauen brauchen Ermutigung und positive Vorbilder.

Wie können wir mehr Müttern und Vätern mit jüngeren Kindern eine synodale Tätigkeit ermöglichen? Wie kann diese Personengruppe in der Synodalarbeit konkret entlastet und unterstützt werden?

– Marion Blessing 


Das war die Frühjahrssynode 2022

Neuer Bischof für die Evangelische Landeskirche

Wir gratulieren Ernst-Wilhelm Gohl zu seiner Wahl zum Landesbischof. Wir wünschen Gottes Segen für diesen Dienst. Er wurde gestern denkbar knapp mit einer Stimme Mehrheit gewählt. In der Synode hatte in einer ersten Wahl keiner der Kandidierenden die erforderliche Mehrheit erreicht. In einem zweiten Wahlvorschlag stand nur ein Kandidat erneut zur Wahl.

Wir als Kirche für morgen wissen, dass vieles aus diesem Prozess außerhalb der Synode nicht wirklich nachvollziehbar war. Das tut uns leid. Wir haben selbst sehr darunter gelitten und sehr viele Rückmeldungen dazu bekommen. Danke! Kfm will immer, dass unsere kirchlichen Prozesse zeitgemäßer und verständlicher für die Basis werden. Wir ermutigen euch alle zum Einbringen, Stimme erheben und nachfragen. Und ihr wisst ja, wo es Mitgliedsanträge gibt😉

Am Ende dieses zähen Ringens bleibt: Wir sind immer noch enttäuscht, dass unser Kandidat Gottfried Heinzmann nicht gewählt wurde. Wir halten ihn für eine profilierte und trotzdem verbindende Leitungsperson für unsere Kirche. Wir danken für seine Bereitschaft, sich der Nominierung zu stellen und wünschen ihm Segen für seinen weiteren Weg. Für die Zukunft unserer Landeskirche hoffen wir, dass Ernst-Wilhelm Gohl auch Impulse von Kirche für morgen aufnimmt und vertritt. In allen kirchlichen Herausforderungen und notwendigen Transformationen setzen wir uns weiterhin für Innovation, Veränderung und Vielfalt ein.

– Tobi Wörner


Jenseits von Eden – Friedensgebete im Blick auf Krieg und Flucht

Die aktuelle Stunde bildet einen emotionalen Höhepunkt dieser Frühjahrssynode. Diesmal gab es in der aktuellen Stunde keine Redebeiträge der Synodalen zu einem aktuellen Thema. Stattdessen versammelte sich das Gremium zum Friedensgebet v.a. natürlich in Bezug auf die Situation in der Ukraine.
Zuerst kamen Vertreter*innen aus der Ukraine, Polen, Slowakei und Rumänien zu Wort und schilderten die Situation in ihren Ländern in umfassender Weise. Danach gab es die Möglichkeit, eingebunden in eine passende Liturgie, dass jede*r im Gebet der Betroffenheit durch das Anzünden eines Friedenslichts Ausdruck verleihen konnte. Am Ende stand vor allem das „Kyrie Eleison“ – Herr, erbarme dich.

– Anja Faisst


Kirchliche Finanzen leiden unter Mitgliederverlust

Oberkirchenrat Kastrup gab bekannt, dass der durch Corona bedingte Einbruch der Kirchensteuermittel nicht so negativ und nachhaltig ausfällt wie befürchtet. Es gibt für die Kirchengemeinden zunächst also wieder mehr Geld zu verteilen. Die nun zu erwartenden Mehreinnahmen werden aber durch die derzeit hohe Inflation wieder zunichte gemacht. Besonders schwerwiegend sind die hohen Austrittszahlen, die auch 2021 angehalten haben. Matthias Vosseler ging in seinem Votum auf die Fragen von Mitgliederbindung und Taufe und Kirchenmitgliedschaft ein. Bei einer zunehmenden Zahl von nichtgetauften Kindern und Jugendlichen stellt sich die Frage, wie wir etwa im Religionsunterricht oder mit Hilfe von sozialen Medien diese Menschen mit der christlichen Botschaft erreichen.
Ausgetretene bleiben Getaufte. Wie können wir so einladend sein, dass sie wieder den Weg zu uns finden?

– Matthias Vosseler


Transformation kirchlicher Verwaltungsstrukturen

Die Organisation Kirche befindet sich aufgrund von vielzähligen Herausforderungen in einem nicht aufzuhaltenden und an vielen Stellen existenziell notwendigen Change-Prozess. Die Verwaltung kann sich diesen Prozessen nicht verschließen. Vielmehr führten alle Untersuchungen der vergangenen Jahre, sowie die Erprobung die letzten beiden Jahre zur Erkenntnis, dass kirchliche Verwaltung in der bisherigen Struktur nicht mehr zukunftsfähig sein wird. Neue Herausforderungen, die neben den bisherigen verwaltungstechnischen Aufgaben unweigerlich zu einem Kollaps führen würden. Zumal diese neuen Herausforderungen bei gleichzeitigem Fachkräfte- und Nachwuchsmangel sowie einem seit Jahren anhaltenden eruptiven Mitgliederrückgang (im Jahr 2021 waren dies 45.222 Gemeindeglieder) zu bewältigen sein werden.Nach nunmehr rund 6 Jahren der intensiven Ist-Analyse, der Beratung, der Befragung, der Beteiligung und der Erprobung stehen wir nun kurz vor der abschließenden Erarbeitung und dem Beschluss des Gesetzes zur landeskirchlich weiten Umsetzung einer dringend notwendigen Verwaltungsreform. Kirchliche Verwaltung wird ihren Beitrag leisten, diesen Change-Prozess zu begleiten und zu ermöglichen. Die landeskirchliche Trägerschaft ermöglicht mittel- und langfristig modulare Anpassungen. Eine Transformationsfrist von bis zu 10 Jahren sowie ein individueller und empathischer Blick auf die bisherigen Leistungserbringerinnen und Leistungserbringer ist hierbei unumgänglich.

– Kai Münzing


Klima- und Umweltschutz in der Landeskirche fördern – das 1000 Dächer Programm

Wir haben den Antrag „1000 Dächer-Programm“ eingebracht. Darin wird der Oberkirchenrat gebeten, ein Konzept auszuarbeiten für ein Förderprogramm, in dem 1000 Photovoltaik-Anlagen auf Kirchengebäuden oder die Sanierung von klimatisch sehr belastenden Heizungsanlagen realisiert werden. Dieses Konzept soll auch die Beratung der Kirchengemeinden über die Möglichkeit weiterer Fördertöpfe beinhalten. Weiter wird in dem Antrag der OKR darum gebeten eine Initiative der Landeskirche auf politischer Ebene erneut aufzunehmen oder zu starten, um steuerrechtliche, baurechtliche und denkmalschutzrechtliche Probleme aus der Welt zu schaffen. Ein Motto könnte dabei lauten: „Klimaschutz vor Denkmalschutz!“

– Bernd Wetzel


Ein neuer Bischof für Württemberg

Wir gratulieren Ernst-Wilhelm Gohl zu seiner Wahl zum Landesbischof. Wir wünschen Gottes Segen für diesen Dienst.

Er hat sich heute denkbar knapp mit einer Stimme Mehrheit durchgesetzt. Bei der Synodaltagung hatte in einer ersten Wahl keiner der Kandidierenden die erforderliche Mehrheit erreicht. In einem zweiten Wahlvorschlag stand nur ein Kandidat erneut zur Wahl.

Wir als Kirche für morgen wissen, dass vieles aus diesem Prozess außerhalb der Synode nicht wirklich nachvollziehbar war. Das tut uns leid. Wir wollen, dass unsere kirchlichen Prozesse zeitgemäßer und verständlicher für die Basis werden. Für die Zukunft unserer Landeskirche hoffen wir, dass Ernst-Wilhelm Gohl auch Impulse von Kirche für morgen aufnimmt und vertritt. In allen kirchlichen Herausforderungen und notwendigen Transformationen setzen wir uns weiterhin für Innovation, Veränderung und Vielfalt ein.

Kirche für morgen, 19.03.2022

Bild: Gottfried Stoppel

Kommentar zur gescheiterten Wahl einer Landesbischöfin/ eines Landesbischofs am 17. März

Ein Tag, der nur Verlierer kennt.

In einem langen, aufwändigen Verfahren und nach sorgfältigem Abwägen hat der Nominierungsausschuss der Landessynode drei Kandidierende für die Bischofswahl am heutigen 17. März vorgeschlagen. Sie wurden alle für geeignet befunden, haben sich mit viel Engagement und Einsatz vorgestellt. Mit großem Bedauern nehmen wir zur Kenntnis, dass am Ende des Tages die Wahl gescheitert ist.
Obwohl in allen Wahlgängen derselbe Kandidat, Gottfried Heinzmann, die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnte und nach dem Rückzug bzw. dem Ausscheiden der beiden anderen Kandidierenden als einziger Kandidat zur Wahl stand, gaben 42 Synodale einen ungültigen Stimmzettel ab.
Dieser Tag kennt nur Verlierer. Und wir alle tun gut daran, nun in Ruhe und mit Besonnenheit die nächsten Schritte zu gehen. Ein Schnellschuss verbietet sich dabei und eine wahltaktische Blockadehaltung darf nicht belohnt werden.
Wir danken den drei Kandidierenden, die sich zur Wahl gestellt haben, für ihre Bereitschaft und ihr Engagement. Nun sehen wir den Nominierungsausschuss in der Pflicht, der Synode bis zu einer späteren Synodaltagung eine Kandidatin/ einen Kandidaten vorzuschlagen. Ein Tag wie heute darf sich nicht wiederholen.

Angela Schwarz und Andreas Arnold, Vorsitzende von Kirche für morgen.

Nach Corona: Weiter so? Oder hoffentlich nicht…

Was hat Kirche aus Corona gelernt? Nach der Schockstarre reibt mancher sich die Augen und möchte so schnell wie möglich wieder zurück ins normale Kirchenleben. Aber was ist für Kirche eigentlich „normal“? Das haben wir Dr. Klaus Douglass gefragt und er macht Mut zu neuen Wegen.

Ich unterhielt mich dieser Tage mit einer jungen Pfarrerin, deren Gemeinde in der Coronakrise eine erstaunliche Entwicklung genommen hatte. Der Gottesdienstbesuch ihrer Gemeinde hatte sich trotz pandemiebedingter Einschränkungen fast verdreifacht. Die vormals recht kleine Schar der gemeindlich Aktiven hatte sich geöffnet und in der Krise mit verschiedenen Akteur*innen des Ortes kooperiert, um Masken zu nähen, Hilfsbedürftige zu unterstützen und gemeinsame Projekte zu stemmen. Ganz allgemein waren das Wir-Gefühl und der Zusammenhalt nicht nur innerhalb der Gemeinde, sondern auch innerhalb des Ortes deutlich gewachsen. Natürlich war Corona auch dort eine schlimme Zeit gewesen. Aber irgendwie hatte die Krise die Menschen dazu gebracht, zur richtigen Zeit die richtigen Dinge zu tun bzw. sich auf das zu konzentrieren, was im Endeffekt wirklich zählt: nämlich die Weitergabe von Glaube, Liebe und Hoffnung.

Endlich wieder Gottesdienste wie früher!?

Allerdings, so erzählte die junge Kollegin, waren im Frühsommer, als die Impfkampagne endlich zu greifen begann, gleich mehrere der früheren Gottesdienstbesucher*innen zu ihr gekommen und hatten gesagt: „Gott sei Dank, Frau Pfarrerin, jetzt können wir endlich wieder Gottesdienste und Veranstaltungen wie früher machen!“ Mit diesen Worten, so ergänzte sie, war die klare Erwartung verbunden, dass man endlich mit den ganzen Neuerungen aufhören und wieder zur guten alten Normalität zurückkehren solle.

Was uns zu der Frage bringt: Was ist für uns als Kirche eigentlich „normal“? Viele beantworten diese Frage aus der Vergangenheit heraus: Normal ist, was allgemein üblich ist. In diesem Sinne waren liturgische Gottesdienste mit einem Besuch von nicht einmal zwei Prozent der eigenen Mitglieder (von Nichtmitgliedern ganz zu schweigen) bis vor Kurzem „normal“. Oder Gemeinden, die sich stark nach außen hin abschotten, um eine Binnenkultur zu pflegen, die für Außenstehende weder leicht zugänglich noch inhaltlich nachvollziehbar ist. Das Problem mit diesem – vornehmlich an der vorhandenen kirchlichen Praxis orientierten – Normalitätsbegriff ist, dass das, was kirchliche Insider als „normal“ ansehen, für Außenstehende oft das genaue Gegenteil ist. Es ist für sie „unnormal“, weil es ihrem Lebensgefühl und ihrer Lebenswirklichkeit nicht nur nicht entspricht, sondern oft sogar widerspricht.

Was ist der Auftrag?

Vielleicht würde es helfen, wenn wir als Kirche den Begriff der Normalität nicht an dem festmachten, was allgemein üblich, sondern an dem, was uns aufgetragen und verheißen ist. Der Auftrag der christlichen Gemeinde wird in Matthäus 28,18-20 definiert: Geht hin zu den Menschen, gewinnt sie dafür, Jesus Christus nachzufolgen, integriert sie in eure Gemeinschaft und helft ihnen, sich im Wort der Heiligen Schrift zu verwurzeln. – Dass das geschieht, darf allein der Maßstab kirchlicher Normalität sein. Und umgekehrt: Wo das nicht geschieht, ist das eben nicht „normal“, selbst wenn wir da- bei auf eine noch so lange Tradition zurückblicken können und wenn dabei noch so viele fromme Worte gemacht werden.

Was die junge Kollegin in ihrer Gemeinde gemacht hat, war in diesem auftrags- und verheißungsorientierten Sinne „normal“. Als die herkömmlichen Gottesdienste coronabedingt nicht mehr durchgeführt werden konnten, wich sie auf andere Formate aus: Gottesdienste im Freien, Hausgottesdienste und Gottesdienste im Netz, wobei sie nicht einfach die klassischen Formate ins Internet streamte, sondern einfache Formate mit vielen Möglichkeiten zu Beteiligung entwickelte. Allesamt sehr persönliche, kommunikative und auf Be- ziehung ausgerichtete Formate.

Persönlich, kommunikativ, auf Beziehung aus

Ich glaube, dass solche Elemente der Beteiligung und des Zusammenwirkens unumkehrbar zur Zukunft nicht nur des Gottesdienstes, sondern unserer Kirche überhaupt gehören: Kirche in den unterschiedlichsten Netzwerken unserer Gesellschaft, Kirche im Sozialraum, Kirche in ökumenischer Weite und Kirche in globaler Verbundenheit: Wo immer Gemeinden sich in den Monaten der Pandemie auf einen derartigen Weg gemacht haben, haben sie inmitten der Krise einen guten Schritt nach vorne gemacht. Und es wäre jammerschade, wenn sie der Versuchung erlägen, nach Abklingen der Pandemie wieder zur alten „Normalität“ zurückzukehren. „Normal“ im auftrags- und verheißungsorientierten Sinn ist, was Menschen mit dem Evangelium in Berührung bringt, was ihnen hilft, sich darin zu verwurzeln und was sie dazu bringt, selbst Glaube, Liebe und Hoffnung weiterzugeben.

Wenn das mit den alten Mitteln und Formen besser gelang als mit den neuen, sollten wir zu diesen zurückkehren. Wenn die neu gefundenen Formen und Mittel allerdings hilfreicher sein sollten, sollten wir uns getrost von den alten verabschieden und auf jenem Weg weitergehen, den Gott uns in den letzten anderthalb Jahren geführt hat.

Dr. Klaus Douglass, Pfarrer und Direktor der evangelischen Zukunftswerkstatt midi in Berlin

Zitronenfalter 02/2021

Liebe Leserinnen und Leser,

Innovation ist in aller Munde. Nicht nur seit Corona und der Digitalisierung. Und jetzt auch noch bei der Kirche? Sollte da nicht, bitte schön, alles beim Alten bleiben? Wenigstens dort, wo viele Vertrautheit und Heimatgefühle erleben? Dr. Klaus Douglass geht der Frage nach, was eigentlich „normal“ ist und was Menschen dazu bringt, Glaube, Liebe und Hoffnung weiterzugeben. Den Blick über den Zaun wagt Andreas Arnold mit einer Zusammenfassung des Referats von Dr. Horneber auf dem 7. Forum Digitalisierung der Landeskirche. Als EKD-Synodaler stellt uns David Lehmann die neue Präses Anna-Nicole Heinrich vor. Wie Alt und Neu zusammenpassen, dazu gibt Pfr. Sebastian Steinbach einen Einblick. Spannend zu lesen, wie die Klostermauern in Hirsau frischen Wind atmen und welche Erfahrungen die Menschen dort machen.

Wir wünschen Ihnen beGEISTernde Impulse und innovative Blickwechsel, die ermutigen!

Das komplette Heft können Sie hier lesen oder als PDF herunterladen.

Evangelische Landeskirche im Wandel – eine Persönlichkeit für den Aufbruch

Kirche für morgen zur Wahl der Landesbischöfin/des Landesbischofs, 30.11.2021, Stuttgart.

Am 17.03.2022 wählt die Württembergische Evangelische Landessynode eine neue Führungspersönlichkeit für die Landeskirche. Drei KandidatInnen stehen zur Wahl. „Für uns ist klar, dass wir eine Person brauchen, die unsere gesamte Kirche zuversichtlich durch eine Zeit des Wandels führt“, sagt Matthias Böhler, Gesprächskreisleiter von Kirche für morgen. Vorsitzende Angela Schwarz ergänzt: „Wir stehen für Aufbruch und Erneuerung. Wir wünschen uns eine Bischöfin oder einen Bischof, der unsere Traditionen zu schätzen weiß und gerade deshalb mutig in die Zukunft führt. Ein Herz für Innovation, Mut zu inhaltlicher Fokussierung und bunte Diversität in Formen und Stilen sind für uns essenziell.“ 

Unser Kandidat für die Bischofswahl ist Gottfried Heinzmann, Pfarrer und fachlich-theologischer Vorstand DIE ZIEGLERSCHEN aus Filderstadt. 

Für uns ist er eine Persönlichkeit, die die unterschiedlichen Frömmigkeitsstile und Prägungen in unserer Landeskirche kennt, ernst nimmt und die Stärke besitzt zu vereinen. Er verfügt über eine besondere Kompetenz für Diakonie und Jugend. Außerdem bringt er die Fähigkeit mit, unsere Organisation weniger als hierarchisch organisierte Amtskirche „von oben“, sondern als eine Bewegung der Basis zu verstehen. „Wir werden Gottfried Heinzmann auf dem Weg bis zur Wahl und darüber hinaus unterstützen“, bestätigt der Vorsitzende von Kfm, Pfarrer Andreas Arnold. Kirche für morgen freut sich auf eine Persönlichkeit, die für Aufbruch steht.

Herbstsynode 2021 – Update von Kirche für morgen

„Klimaschutz vor Denkmalschutz“

Mit „Weniger ist mehr“ ist die Strategische Planung der Landeskirche überschrieben, die in einem Bericht von Direktor Werner vorgestellt wurde. Dabei gehe es nicht darum, dass die Kirche immer kleiner werde ohne sich selbstkritisch zu hinterfragen oder Veränderungsprozesse anzunehmen, so Herr Werner, sondern vor allem sich stärker zu fokussieren. Matthias Böhler strich im Gesprächskreisvotum von Kirche für morgen heraus, dass wir dringend eine Kultur des Weglassens entwickeln müssen. Fokussierung darf nicht zu Lasten neuer Initiativen und Ideen gehen.  „Weniger machen – heißt mehr Experimentierraum!“, so Matthias Böhler.
Mit Blick auf das strategische Ziel einer klimaneutralen Kirche sprach er sich dafür aus, dass Klimaschutz vor Denkmalschutz stehen müsse. „Unsere Gebäude sind keine Museen, sondern Ausdruck einer aktuellen Botschaft, die sich den Herausforderungen dieser Zeit stellt und sie annimmt. Es wäre doch super, wenn wir ein 1000-Dächer-Programm auflegen könnten, um Kirchengemeinden konsequent dabei zu unterstützen Photovoltaik-Anlagen auf ihre Kirchendächer zu bauen.“

Deutliches Zeichen gegen sexualisierte Gewalt

Mit der einstimmigen Verabschiedung des Gewaltschutzgesetzes hat die württembergische Landessynode ein deutliches und sichtbares Zeichen gegen sexualisierte Gewalt gesetzt. Damit einher gehen die Verantwortung und Verpflichtung, den Schutz vor sexualisierter Gewalt zukünftig in allen kirchlichen und diakonischen Arbeitsfeldern zeitnah umzusetzen.
Das Gesetz schreibt in allen kirchlichen Einrichtungen Schutzkonzepte und Prävention verbindlich vor. Künftig müssen kirchlich Mitarbeitende in Abständen von 5 Jahren regelmäßig ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen.
Kirche für morgen brachte mit der Unterstützung aller Gesprächskreise den Antrag: „Schaffung notwendiger Personalressourcen für die eigenständige und unabhängige Aufarbeitung des Themas sexualisierte Gewalt“ ein.
Die vorhandenen Stellen für das Thema sexualisierte Gewalt werden der Brisanz des 

Themas nicht gerecht und reichen für die unten beschriebenen Herausforderungen nicht aus.
Es sollen damit auch ausreichend finanzielle Ressourcen für die Betroffenen sexualisierter Gewalt für Beratung, Begleitung, Aufarbeitung, Sicherstellung ihrer Lebensführung sowie Hilfe bei Unterkunft aber auch für Präventionsmaßnahmen verfügbar gemacht werden. Die Entwicklung flächendeckender, präventiver Schutzkonzepte und notwendiger Interventionen in Kirchengemeinden und Einrichtungen von Kirche und Diakonie stellen uns vor große Herausforderungen.

Friedenstiften durch Impfpflicht?!

Das Thema der aktuellen Stunde war „Friedenstiften durch Impfpflicht?!“. Nachdem Landesbischof July schon zu Beginn der Tagung klar zur Impfung aufgerufen hatte, meldeten sich in der aktuellen Stunde viele Synodale zu Wort. In den meisten Statements wurde für die Impfung geworben. Darüber hinaus wurde aber auch der innere Konflikt in der Entscheidung für bzw. gegen eine Impfpflicht deutlich. Unter anderem sprach sich Ralf Walter von Kirche für morgen für die Impflicht als dauerhafte Friedenspenderin aus. Seiner Meinung nach sieht er dies jedoch als drastische Maßnahme in einer Krisensituation. Andere Synodale sprachen davon, dass man als Kirche für die Impfung werben müsse. In Blick auf die kommenden Wochen betonte Steffen Kern von der Lebendigen Gemeinde die Freiheit des Einzelnen. Er sagte jedoch auch, dass eine Impfpflicht als letztes Mittel nicht unethisch sei. Hans-Ulrich Probst verlas eine Erklärung der Offenen Kirche, die auf die soziale Verantwortung aufmerksam machte und, ähnlich wie Steffen Kern, die Impfpflicht als letztes Mittel für möglich hielt.

Haushaltsplan 2022 – „Luft nach oben“

Die Verabschiedung des Haushaltsplans am dritten Synodaltag bildete den Höhepunkt der Herbstsynode, wird doch mit den finanziellen Mitteln die Grundlage aller Vorhaben gelegt. Der landeskirchliche Haushaltsplan 2022 umfasst ein Volumen von 697,7 Millionen Euro (2021: 727,3 Millionen Euro) und ist insgesamt fast ausgeglichen. Es gehen einerseits Mittel in die Personalversorgungs- und Gebäuderücklage und es werden Rücklagen für den Ausgleich des Haushalts eingeplant. Die geplanten Sparquoten für den Haushalt der Landeskirche (0,9%) und die Weiterleitung an die Kirchengemeinden (0,7%) allen noch moderat aus. Finanzdezernent Oberkirchenrat Herr Kastrup wies auf die Notwendigkeit hin, zielgerichtet zu sparen, um die Finanzziele bis 2030 erreichen zu können. Dementgegen forderte Götz Kanzleiter in seinem Gesprächskreisvotum neben dem sparorientierten Haushalten mehr Mut für Investitionen in frische Ideen und Aufbrüche. „Neben der notwendigen Entscheidungen bezüglich der Posterioritäten und Einsparmöglichkeiten geht es gleichzeitig um Transformation und Weiterentwicklung. Dazu brauchen wir Experimentier- und Projekträume. Zur Gewinnung von Kirchenunterstützern braucht es eine optimistische Grundhaltung und Experimentierräume für innovative neue Wege“, so Götz Kanzleiter in seinem Votum. Götz Kanzleiter lenkte den Blick auf die bereits gelingenden Hoffnungszeichen am Landeskirchlichen Aufbruchshorizont. Er benannte exemplarisch die Projekte „neue Aufbrüche“ und das Projekt „Aufbruch Quartier“ und wünschte sich mehr Ressourcen für die Leuchtturminitiativen. „Die 10 Pfarrstellen im Projekt „Neue Aufbrüche“ entsprechen ca. 0,5% aller Pfarrstellen. Da wäre noch „Luft nach oben“ so Götz Kanzleiter.