Hoffnung schafft Motivation – Votum zur Haushaltsplanung 2022

Hohe Synode, verehrte Präsidentin, 

Die aktuelle Debatte ist ernst und zielt auf den Beschluss des Haushaltgesetzes 2022, damit schaffen wir die Grundlage für unsere strategischen Ziele im nächsten Jahr.  In drei Punkten reflektiere ich unseren grundsätzlichen Umgang mit den Finanzen.

Komplexität reduzieren-Steuerung ermöglichen

„Die Reduktion von Komplexität ist zentrale Aufgabe strategischen Unternehmensmanagements.“ So lautet ein Kernsatz in meinem Organisationshandbuch. In diesem Sinne schließe ich direkt an Punkt 3 des Berichtes von Herrn Kastrup an: „wir werden an den Vereinfachungen unserer Strukturen  arbeiten und Komplexität aktiv reduzieren und damit übermäßige Verwaltung vermeiden“. Diese Absicht möchten wir vom Gesprächskreis KFM unterstreichen. Damit wir als Synode gut mit komplexen Haushaltsplänen umgehen können brauchen wir gut aufbereitete Zahlen und nützlich betriebswirtschaftliche Instrumente damit wir unsere synodale Finanzverantwortung ausüben können. Die neue Werbebroschüre „Kirchensteuer wirkt“ ist ein erster Versuch von Vereinfachung und gleichzeitiger Pointierung. Diese Art der Darstellung überwindet die sonst übliche Aufteilung der Geldströme in einen landeskirchlichen und einen gemeindlichen Teil und macht dadurch transparent, in welchen Bereichen die Landeskirche ihre inhaltlichen Schwerpunkte legt. Vielen Dank – Ihnen Herr Kastrup und allen Mitarbeitenden im Dezernat 7 für Ihre Arbeit und für alle Bemühungen, unsere komplexen Strukturen in lesbare Haushaltspläne zu übersetzten.

An den Stärken ansetzen

Wir sind mit dem Rückgang an Mitglieder und an Ressourcen beschäftigt. Und vergessen dabei all zu leicht , auf das zu blicken, was wir haben. Sowohl global wie auch historisch betrachtet hatten Christinnen und Christen niemals mehr an Personal, an Ausstattung, an Technik und Fahrzeugen und an Absicherung. Im diesem Sinne möchte ich zwei Leuchturmprojekte exemplarisch herausgreifen und damit unsere landeskirchlichen Stärken in den Fokus stellen: Denken Sie an unser Projekt „Neues Aufbrüche“. 10 kreative Pfarrerinnen und Pfarrer experimentieren in alten und neuen Räumen, mit neuen Ideen. Das ist begeisternd, diese Projektgeschichten machen Lust und schaffen Motivation, sowohl bei den Stelleninhabern wie auch bei den beteiligten Ehrenamtlichen. Das sind Sonderstellen, die im Pfarrplan und für die Gemeindestellen rechnerisch fehlen, aber andererseits Synergien schaffen. Diese Leuchtturm-Projekte wirken in die Öffentlichkeit und bieten auch spannendes Entwicklungspotential für die Stelleninhaber. Bei aktuell ca. 1750 Pfarrstellen sind diese 10 Stellen bescheidene 0,5 %. Und damit gib es noch genügend Experimentierluft nach oben. 

In meiner Vision konkurrieren diese Personalstellen nicht mit den traditionellen Gemeindestellen, sondern sind Ergänzung, Erweiterung und befruchtende Motivation. In multiprofessionellen Teams entwickeln Pfarrerinnen, Diakoninnen, Kirchmusikern, Jugend- und Gemeindereferenten, Verwaltung und Organisationsdienstleisterinnen zusammen mit ehrenamtlichen eine bunte einladende Kirche, die gemeinsam Neues entwickeln  und gemeinsam überlegen, was sie dafür lassen. Und nicht zu vergessen das Projekt Aufbruch Quartier; angesiedelt im Zwischenraum von Diakonischem Werk, von LAGES und PTZ werden hier unter dem Schlüsselwort „Trialog“ die kirchlich-diakonischen Partner vor Ort auf einander hin gewiesen und über die einzelnen Kirchtürme hinaus auf die Menschen in der Nachbarschaft, in Quartier und Gemeinwesen aufmerksam gemacht. Daraus haben sich schon knapp 50 hoffnungsvolle Projekte ergeben, die Menschen ansprechen und neue Nutzungsideen für kirchliche Gebäude mit entwickeln. Motivierende und vielfältige Aufbruch-Geschichten die mich freuen und stolz machen. Super geeignet um damit das Bild von Kirche in der Öffentlichkeit zu prägen. 

Hoffnung schafft Motivation

Komplexe Haushaltsplanstrukturen sind Spiegel einer komplexen Kirchenstruktur. Aufgebaut in vielen Jahren, mit dem guten Ziel, Kirche Jesu Christi zu bauen. Mit der Geschichte vom Königs-Bäcker aus dem Nachbardorf nun mein Versuch diese Komplexität etwas zu reduzieren: Herr König, Bäckermeister in langer Familientradition war in die reifen Jahre gekommen. Etwas kurzsichtig und leicht schwerhörig, nahm er neue Trends wenig wahr. Aber seine Brezeln waren immer noch die Besten in der Region. Lecker, schmackhaft und von bester Qualität fanden diese Brezeln reißenden Absatz. Der Bäckermeister musste, um die Nachfrage bedienen zu können, weitere Backöfen anschaffen, für den boomenden Verkauf rief er sogar seine Kinder vom Studium zurück in die Backstube. Aber dann sagte der Sohn: „Vater, bist du gar nicht informiert. Die Inflation steigt, eine Rezession kommt auf uns zu. Du solltest nicht mehr investieren.“ Der Vater dachte: Mein Sohn hat studiert, er schaut Fernsehen und Internet, der muss es wissen. Also verringerte er seine Mehlvorräte, dann sparte er an der Qualität des Teiges und machte die Brezeln etwas kleiner. Zuletzt verkaufte er einen Backofen, steigerte seine Liquidität um für die „Schlechten Zeiten“ gerüstet zu sein. 

Und das Schlimmste: Die Sorge um die Zukunft lies in missmutig werden und unfreundlich zu seinen Kunden. Das Ergebnis ließ nicht lange auf sich warten. Der Absatz an Brezeln fiel und fiel, unaufhaltsam. „Du hattest Recht, mein Sohn“, sagte der Vater, „es steht uns eine schwere Rezession bevor.“ Ich hielte es tatsächlich für eine Sünde, in der Krise nicht so zu planen, als ob „die Kirche nicht jung ist und ihre große Zukunft noch vor sich hat“ so ein Zitat von Fulbert Steffensky. In diesem Sinne haben wir eine doppelte Herausforderung für unserer zukünftige Strategie und Haushaltspolitik: Neben der notwendigen Entscheidungen bezüglich der Posterioritäten und Einsparmöglichkeiten geht es gleichzeitig um Transformation und Weiterentwicklung. Dazu brauchen wir Experimentier- und Projekträume genauso wie die bewährte Arbeit in Gemeinden, Bezirken, in Werken und Verbänden wie auch auf Landeskirchenebene. Hoffnung schafft Motivation, das Beste kommt noch!

Gesprächskreis-Votum zur Strategischen Planung


Es freut mich sehr, dass die Gegenthese „Nichts ist alles“, mit der ich mein Votum vor einem Jahr begonnen habe nochmal eine so grundlegende Diskussion im Kollegium ausgelöst hat! Und wir sind dankbar, dass sie diese Begriffsklärung an den Anfang ihres Berichts gestellt haben.

Missverstanden wurden Sie nicht! Ganz sicher nicht! Wir von Kirche für morgen wollten mit dieser These aber auf das Dilemma hinweisen, in dem wir stecken, wenn wir uns fokussieren müssen und wenn wir über Prioritäten und Posterioritäten diskutieren. Es geht eben nicht um ein destruktives „Hände in den Schoß legen“, „man kann ja eh nichts machen“, „der Herr wird’s schon richten“. Der Herr wird’s richten, ja, da vertrauen wir drauf! Gottvertrauen, ja! Aber ein Gottvertrauen, das uns aufbrechen lässt, das Zukunftsperspektiven aufzeigt und das uns Hoffnung macht. Darum geht’s bei der strategischen Planung. 

Salz der Erde, die selbstwachsende Saat, der ohnmächtige Gott am Kreuz, alles Bilder, die uns ermutigen. Wir vertrauen darauf, dass aus etwas Kleinem Großes wachsen kann. Hoffnungsbilder! Das brauchen unsere Gemeinden und Mitarbeitenden. Da haben sie Recht. Und Sie stellen die absolut richtigen Fragen: Lassen wir dem genug Raum in unserer strategischen Planung? Lassen wir dem ganz grundsätzlich genug Raum in unserem kirchlichen Handeln? Oder stecken wir fest in unseren Strukturen, in dem, was schon immer so war und auch so bleiben muss und überfordert uns nicht vielmehr, dass zu diesem allem noch immer mehr dazu kommt.  Viele engagierte Menschen in unseren Gemeinden halten die Arbeit am Leben, buchstäblich „am Leben“. Wo lassen wir sterben? Seit vielen Jahren sprechen wir darüber, aber es gelingt uns bisher wenig. Wir haben keine Kultur des Weglassens entwickelt. Nicht die Projekte an sich verursachen Stress und Überforderung, sondern dass sie additiv zu dem dazu kommen, was wir schon immer machen. Wir sind davon überzeugt, wir brauchen Projekte! Veränderungsprozesse leben vom Ausprobieren, von der Risikobereitschaft. Es wäre aus unserer Sicht der falsche Weg hier „Weniger“ zu machen.

Das Signal, das von dieser strategischen Planung heute ausgehen muss ist deshalb: Nicht mehr alle müssen alles machen! Wir dürfen nicht nur vom Weglassen reden sondern müssen konkrete Schritte gehen – und wir gehen sie gemeinsam. Kirche für morgen unterstützt den begonnenen Konsolidierungsprozess weil wir davon überzeugt sind: Weniger machen, eröffnet Räume für Neues und Anderes. 

Auf zwei Punkte der strategischen Zielsetzungen will konkreter eingehen.  

Kirche für morgen steht nach wie vor voll hinter der Entwicklung eines Bidungsgesamtplans und wir freuen uns, dass hier die Dinge langsam konkret werden. Die Fülle an Arbeitsfeldern in diesem Bereich führt schnell dazu sich zu verzetteln. Allerdings scheint hier ein „weniger ist mehr“ besonders schwierig. An kaum einer anderen Stelle sind wir so nah an den Menschen dran, erreichen sie in ihren alltäglichen Lebenszusammenhängen, in ihren Lebenswelten. Gerade auch die, die wir sonst nirgendwo erreichen und die bisher nicht zu uns gehören. Diese Fokussierung, auf diese Menschen, wünschen wir uns als Kirche für morgen. Eine Stärkung des Religionsunterrichts, eine Priorisierung für die Arbeit in Kindertagesstätten und Familienzentren, eine starke Förderung des EJW mit ganz unterschiedlichen Bereichen: Jugendarbeit und Schule, Arbeit mit Geflüchteten oder die Arbeit mit Jungen Erwachsenen.

Vielleicht muss es in diesem Arbeitsfeld heißen weniger Bürokratie – mehr Arbeit an den Menschen, vielleicht weniger Parallelstrukturen – mehr Spezialisierung, vielleicht weniger Einzelkämpfer – mehr Kooperationen und Synergien. Diese Ansätze klingen an, in ihrem Bericht und wir freuen uns hier weitere Schritte im nächsten Jahr zu gehen. 

Als zweiten Punkt möchte ich das Ziel der Klimaneutralität herausgreifen. Für Kirche für morgen steht es außer Frage, dass wir ein Klimaschutzgesetz brauchen und wir beteiligen uns gerne an den Diskussionen in den synodalen Gremien in den nächsten Wochen und Monaten. Für uns ist das Klimaschutzgesetz ein Baustein auf dem Weg zu einer klimaneutralen Kirche. 

Wir sind aber davon überzeugt, dass wir weitere konkrete Schritte gehen und Initiativen fördern und unterstützen müssen, die weit über den „Grünen Gockel“ hinaus gehen. Das Gebäude-Thema stellt uns dabei vor große Herausforderungen! Für uns stellt sich die Frage, was uns die Symbolkraft von Kirchengebäuden wirklich wert ist, mit Blick auf die Kosten, aber ganz besonders auch mit Blick auf energetische Bedingungen und unserer damit verbundenen Klima-Verantwortung. Vermutlich brauchen wir hier ganz neue Denkansätze. Kirchengebäude könnten zu mutlifunktionellen Räumen werden, weil es vielleicht einfacher ist Gemeindehäuser zu verkaufen. Weniger Gebäude – mehr Flexibilität in der Nutzung. 

Energetische Sanierung ist das eine, Die konsequente Förderung alternativen Energien könnte ein weiterer Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität sein. Kirchendächer müssen zu sichtbaren Zeichen für einen sorgsamen Umgang mit der Schöpfung werden. Wir fordern die Politik auf, hier endlich einzusehen, dass Klimaschutz vor Denkmalschutz stehen muss und entsprechende gesetzliche Änderungen auf den Weg zu bringen. Unsere Gebäude sind keine Museen sondern Ausdruck einer aktuellen Botschaft, die sich den Herausforderungen dieser Zeit stellt und sie annimmt. Es wäre doch super, wenn wir ein 1000-Dächer-Programm auflegen könnten, um Kirchengemeinden konsequent dabei zu unterstützen Photovoltaik-Anlagen auf ihre Kirchendächer zu bauen.

Weniger ist mehr – nach dem heutigen Bericht können wir da mit gehen. Weil Sie deutlich gemacht haben, das weniger machen nicht bedeutet „man kann ja doch nichts machen“ sondern Kräfte freisetzt und Zukunft gestalten lässt 

Mehr Fokussierung – heißt nicht weniger Projekte.

Weniger Denkmalschutz – bedeutet mehr sichtbares Evangelium für die Menschen!

Weniger Struktur von oben – ermöglicht mehr Bewegung an der Basis

Mehr Strategie – heißt nicht mehr Arbeit.

Weniger machen – heißt mehr Experimentierraum!

Vielen Dank!

Matthias Böhler

Die Zukunft ist sein Land – Update aus der EKD

„Hallo, ich würde gerne mein Zimmer beziehen.“ „Warten Sie damit bitte noch, vermutlich wird die Tagung pandemiebedingt spontan digital stattfinden.“ Wir Synodalen in der Lobby des Maritim Hotels in Bremen erstarren zu Salzsäulen, während um uns herum Verantwortliche chaotisch im Kreis herumirren. Die Gesichter zeigen Enttäuschung. Die Münder sind von Masken verdeckt, offen vor Fassungslosigkeit. Die Augen starren bedeutungslos auf den Marmorboden. Nach rund 30 Minuten reise ich mich aus dem Delirium und buche einen Zug zurück nach Tübingen, um meine 14 Stunden Fahrzeit für diesen Tag noch vollzumachen. 

Meine erste reguläre Synodentagung der Evangelischen Kirche in Deutschland war emotional kein Kickstart. Umso überraschender war für mich die positive Stimmung, die schon im Laufe des ersten digitalen Tages aufkam. Wir machen das Beste draus! Außerdem sind die Themen zu wichtig, um sie aufzuschieben.

Sexualisierte Gewalt in der EKD

Wichtig war der Nachmittag zum Thema sexualisierte Gewalt. Ich war sehr beeindruckt und bewegt von den Berichten der Betroffenen, die uns den Finger in konkrete, systemische Wunden gelegt haben. Wir sind schuldig geworden, nicht nur wegen der Taten selbst, sondern auch wegen der mangelhaften Aufklärung und den vielen Stellen, an denen unsere Behörden-förmigen Systeme Betroffene im Stich gelassen haben. Ein nächster Schritt bei diesem Thema wird eine Neuausrichtung der Betroffenenbeteiligung sein, die wir verabschiedet haben. Das Thema soll zudem ab jetzt fortlaufend auf zukünftigen Synoden bearbeitet werden. Ich finde es gut, dass auch die Landessynode sich im Herbst weiter damit beschäftigt.

Ratswahl

Und dann war da die Ratswahl. Der Rat ist das sichtbarste Gremium der EKD und meiner Meinung nach auch das wichtigste, denn dort werden die aktuellen Fragen bearbeitet. Diese Wahl dauerte in diesem Jahr satte zehn (!) Stunden und gleicht einem American-Football-Spiel. Es wird angepfiffen, abgestimmt, nur um dann direkt danach wieder eine ewig lange Auszeit einzuschieben, in der man in Teams zusammensteht und die Strategie abstimmt. Damit eine Person in den Rat gewählt wird, braucht es eine sportliche 2/3-Mehrheit. Das klingt mega complicated, lohnt sich aber auch, denn wir haben dadurch eine wirklich diverse Mischung an Personen zusammengestellt, die ich euch hier auf Instagram vorgestellt habe. Besonders freut mich, dass mit Josephine Teske (@seligkeitsdinge) eine Digitale-Kirche-Native mit am Start ist. Besonders Leid tut es mir für Tobias Faix, der ein echter Gewinn für Zukunftsprozesse gewesen wäre. Leider gibt es auch niemanden aus den Südkirchen (Baden/Bayern/Württemberg) im Rat, das wird sich aber vielleicht in drei Jahren ändern, wenn Volker Jung in den Ruhestand geht und wir nachwählen. 

Die neue Ratsvorsitzende

Annette Kurschus, die Präses (» Bischöfin) von Westfalen, wird als Ratsvorsitzende den Platz von Heinrich Bedford-Strohm einnehmen und damit das neue Gesicht der Evangelischen Kirche in den Medien sein. Das gefällt mir. Bekannt wurde sie unter anderem durch ihre Gedenkfeier zum Germanwings-Flugzeugabsturz. Sie ist eine begnadete Predigerin, Seelsorgerin und möchte in der Öffentlichkeit Glaubensthemen in den Vordergrund stellen. Politisch will sie Klimaschutz nach vorne bringen und die Aufarbeitung von sexueller Gewalt zur „Chefinnensache“ machen. Mit ihr, Kirstin Fehrs und Anna-Nicole Heinrich haben wir damit erstmals ein weibliches Trio an der Spitze der EKD. Nice!

Schockstarre

Ich habe das Gefühl, auch unsere Kirche steht aktuell teilweise noch in der Salzsäulen-Schockstarre. Die Gesichter zeigen Pandemiemüdigkeit. Die Münder stehen fassungslos offen vor dem Bedeutungsverlust der Kirchen. Die Augen starren paralysiert in die kirchliche Landschaft. Symbolisch dafür ist der Ausfall des Synoden-Thementags „Die Zukunft ist sein Land“, an dem wir uns dem für Zitronen so wichtigen Thema Kirchen- und Gemeindeentwicklung widmen wollten. Fiel der Umorganisation zum Opfer.

Aber zurückzuschauen auf das Land, das wir verloren haben, paralysiert uns. Ich möchte uns dazu ermutigen, uns aus diesem Delirium herauszureißen. In den fahrenden Zug einzusteigen. Mitzugestalten. Den Kurs zu ändern. Auf der EKD-Ebene sind wir mit dem neuen Rat gut aufgestellt. Nun geht es darum. weiter hoffnungsvoll nach vorne zu schauen in die Zukunft. Denn er selbst kommt uns entgegen. Die Zukunft ist sein Land. Das macht Hoffnung!

Vertraut den neuen Wegen, auf die uns Gott gesandt!
Er selbst kommt uns entgegen. Die Zukunft ist sein Land.
Wer aufbricht, der kann hoffen in Zeit und Ewigkeit.
Die Tore stehen offen.
Das Land ist hell und weit. (EG 395)

David Lehmann, Synodaler für Württemberg und Kfm in der Synode der EKD

Kloster Hirsau: Neue Wege in alten Mauern

Tradition und Innovation: ein Gegensatz? Sebastian Steinbach gebeten, die beiden Begriffe aufgrund seiner praktischen Erfahrung zu reflektieren. Seine spannenden Einblicke in „neue Wege in alten Mauern“ machen Mut, diese Spannung auch anderswo aufzunehmen und alte Kirche neu zu (er)leben.

Innovation und Tradition brauchen einander. Ich spüre das hier in unserem alten Kloster Hirsau. Denn Innovation geschieht ja nie im luftleeren Raum, Innovation ist nie etwas vollständig Neues. Vielmehr verknüpft Innovation bereits Bestehendes, „Traditionelles“ auf kreative, neuartige Weise.

Unsere kirchliche Tradition hält eine Unzahl an alten Schätzen bereit: jahrhundertealte, faszinierende, durchbetete Kirchen, „mystische Orte“. Jahrhundertealte, kraftvolle Symbole. Jahrhundertealte, herzanrührende Texte. Jahrhundertealte, lebens- und glaubensformende geistliche Übungen. Jahrtausendealte, lebensverändernde biblische Schriften. Dazu eine knapp zweitausendjährige Kirchengeschichte, in der Kirche schon eine Menge entwickelt, ausprobiert und angestellt hat, aus dem wir lernen können.

Jahrhundertalte Mauern

Hier in Hirsau haben wir jahrhundertealte Mauern und eine bewegte Kloster-Geschichte, die allerdings mit der Reformation endet. Mehr als fünfhundert Jahre lang haben Mönche hier Tag und Nacht gebetet. Vor knapp eintausend Jahren hat von hier die sogenannte „cluniazensische Reform“ – eine der großen geistlichen Klosterreformen – in den gesamten deutschsprachigen Raum ausgestrahlt. Menschen spüren, dass dies ein „heiliger Ort“ ist.

Zugleich erzeugen diese Tradition und Geschichte bei vielen Menschen, die das Kloster Hirsau besuchen, einfach „nur“ eine Art diffuses heiliges Gefühl. Sie bringen sie nicht in Verbindung mit ihrem Leben und ihrem Alltag – die klösterlichen Gelübde wie Armut, Keuschheit und Gehorsam. Das ständige Gebet. Die tiefe Gottessuche der Mönche.

Die reine Tradition reicht nicht

Unsere Welt verändert sich seit Jahrzehnten mit exponentiell wachsender Geschwindigkeit. Raketenschnell entfernt sich unsere jeweils aktuelle Lebenswirklichkeit von der Lebenswirklichkeit früherer Jahrhunderte. Genau aus diesem Grund brauchen wir Innovation! Innovation ist das notwendige Bindeglied zwischen unseren kirchlichen Traditionen, unseren alten Schätzen und unserer aktuellen, sich rasant entwickelnden Wirklichkeit.

Hier eine kurze und unvollständige Liste, was es meiner Erfahrung nach für die Entwicklung von Innovation braucht: Mitarbeiter, die offen für Neues sind. Neugier. Experimentierfreude und Risikobereitschaft. Freiräume für Kreativität, zeitlich und örtlich. Geld. Flexible Strukturen. Bereitschaft, aus Fehlern zu lernen. Und Inspiration. Zum einen von „Profis“: von Menschen, die von außen kommen und sich mit Innovation auskennen. Zum anderen und vor allem:  von Gott selbst.

Tradition übersetzen, Innovation entwickeln

Und so entwickeln wir hier in Hirsau seit vielen Jahren Angebote, in denen wir versuchen, die Tradition und Geschichte dieses Ortes erlebbar zu machen und in unsere heutige Lebenswelt zu übersetzen. Wir schaffen Erlebnisräume wie geistliche Führungen, kreative Gebetsstationen, moderne Tagzeitengebete und Ausstellungen, in denen Menschen dem „Gott dieses Ortes“ – also unserem guten, dreieinigen Gott – begegnen können. Erlebnisräume, in denen sie klösterliche Prinzipien wie Einfachheit, Rückzug und Stille entdecken und ausprobieren können. Dazu lassen wir die Mauern dieses alten Ortes ins Digitale wachsen. Wir experimentieren mit Formen von digitaler Spiritualität, weil wir uns wünschen, dass Menschen auch zuhause weiter mit den Impulsen umgehen, denen sie hier an diesem Ort begegnet sind.

Orte der Gottesbegegnung

Seit September findet sich all das auf unserer wunderschönen Website www.amen-atmen.de Ab nächstem Jahr soll es mit www.lebensliturgien.de  eine eigene Website (oder Webapp) mit Tagzeitengebeten zum Hören für jeden Tag geben (jetzt schon als Podcast: „Lebens Liturgien“), dazu einen gleichnamigen Instagram-Kanal. Auf diesem Kanal werden kleine „Häppchen“ der je aktuellen Tagzeitengebete erscheinen, dazu Zitate, Informationen und Gedanken zu den Themen Gebet, Tages-Rhythmus, Stille und Fokus.

Unsere Hoffnung und unser Gebet ist, dass das alte Kloster Hirsau auf diese Weise wieder neu zu einem Ort der Gottesbegegnung und des Gebets wird. Zu einem Ort, an dem Menschen der Schönheit und Faszination Gottes und des Gebets neu und tiefer begegnen.

– Sebastian Steinbach, Pfarrer in Hirsau, ist fasziniert davon, welch tiefe Erfahrungen Menschen an diesem alten Klosterort machen und was digital an Spiritualität möglich ist.

Neue Doppelspitze in der Reforminitiative „Kirche für morgen“

Diakonin Angela Schwarz aus Tübingen und Pfarrer Andreas Arnold aus Filderstadt-Bonlanden sind auf der Mitgliederversammlung von Kirche für morgen e.V. am Freitag zur neuen Doppelspitze des Vereins gewählt worden. Nach Vereinssatzung ist Schwarz zur ersten Vorsitzenden und Arnold zum zweiten Vorsitzenden gewählt. Die beiden wollen sich künftig jedoch die Aufgaben, die bisher beim ersten Vorsitzenden Jens Schnabel lagen, im Sinne eines Tandems teilen. 

„Beim gemeinsamen Austausch über die Frage, was für die Zukunft von Kirche für morgen und für die Zukunft unserer Kirche wichtig ist, haben wir viele Gemeinsamkeiten entdeckt. Wir ergänzen uns sehr gut und wollen deshalb die Arbeit gemeinsam voranbringen“,  

resümieren Schwarz und Arnold nach der Wahl. Ebenfalls gewählt sind Diakon und Synodaler Reiner Klotz aus Steinheim für den zweiten Vorsitz sowie Steuerberater Martin Mielke aus Balingen als Kassierer. 

Tobias Stippich, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Kirche für morgen e.V.

Sommersynode 2021 – Raus aus dem Kirchenschiff.


Raus aus dem Kirchenschiff – mach es zu deinem Ding.

Gesangbuch, Choräle und Pfarrer – auch das kann Kfm! Wir waren diesmal turnusmäßig für den Startgottesdienst zuständig. Unser Pfarrer Matthias Vosseler predigte über Petrus und den „Walk on the water“.

Außerhalb der sicheren Bootsplanken fand die Jesusbegegnung statt. Auch wir als Kirche haben das Zentrum unserer Spiritualität außerhalb unserer Kirchenmauern. Wir sind gesandt in diese Welt – außerhalb der kirchlichen Bubble.
Was für eine Ermutigung zu Beginn der Tagung!

Die Musik wurde durch das Pfarrerduo  Weida & Mohns beigetragen. Wir sangen ausschließlich aus dem Gesangbuch – natürlich im poppigen Sound mit Bandbegleitung. Britta Gall moderierte durch den Gottesdienst, weil Anja leider kurzfristig zuhause bleiben musste. Am Ende sagte Britta: „Mach es zu deinem Ding!“ Mach die Tagung zu deinem Ding! Mach die Gestaltung der Kirche zu deinem Ding! Mach den Aufbruch für morgen zu deinem Ding!
Der ganze Gottesdienst war ein richtig guter Auftakt für die Sommertagung.

Tobi Wörner


Votum zu den inhaltlichen Schwerpunkten unserer Landeskirche

Im Gesprächskreisvotum konzentrierte sich Marion Blessing mit Zu-Mutungen auf 4 Kriterien, die uns besonders wichtig sind:

Die Ehrenamtlichen werden gestärkt.
Ehrenamtlich engagierte Menschen gehören zur DNA unserer Kirche. Es braucht Möglichkeiten zur Partizipation und zur Mitgestaltung, Beteiligung bei Veränderungsprozessen und profilierte, kostenlose Fortbildungs- und Weiterbildungsangebote.

Die Kirche eröffnet Spielräume für Erprobungen und fördert nachhaltige Gemeindeentwicklungen.
Unser Antrag „Konkrete Unterstützung für gemeindebildende Initiativen für junge Erwachsene“ geht in diese Richtung. Es geht um die Qualifikation und Ausbildung von Menschen, die in den entsprechenden Milieus zu Hause sind, um andere Zielgruppen zu erreichen.

Die kirchliche Arbeit gewinnt Menschen für das Evangelium, wendet sich dem Nächsten zu und entfaltet eine große Bindungskraft.
Erreichen wir mit unseren Angeboten Menschen aus unterschiedlichen Milieus? Jesus ist zu den Menschen gegangen und hat sich dort dem Nächsten zugewandt. Kirchliche Arbeit, wo wir Menschen an der Basis erreichen, muss gestärkt werden.

Es werden Kooperationen gestärkt und Synergien geschaffen, Ineffizienzen und Doppelstrukturen abgebaut und vermieden.
Die Entwicklung einer gemeinsamen Vision, die Erarbeitung gemeinsamer Schwerpunkte und der damit verbundenen Investitionen und die Transparenz und Kommunikation von Entscheidungen und deren Gestaltung sind hier wichtig.
 

Marion Blessing


Museumspflege oder Kirche der Zukunft?

Wie in jeder Sommersynode hatte die Synode die Mittelfristige Finanzplanung zur Kenntnis zu nehmen. Diese dient dazu die finanzielle Zukunft der Landeskirche und der Gemeinde zu planen.

Das Finanzdezernat hat Zahlen und Statistiken produziert bezüglich Mitgliederentwicklung und langfristiger Kirchensteuerentwicklung. Dabei gibt es eine transparentere Haushaltsdarstellung und eine 10-Jahresprognose. Das Kollegium hat sich auf jährliche Einsparungen von 0,9 % verständigt und eine erste Liste möglicher Einsparungen vorgelegt; und der Sonderausschuss eine Kriterienliste, die als Richtlinie für Prioritäten gelten kann. 

Jetzt müssen wir als Synode und OKR beweisen das wir nicht ängstlich wie die Maus vor der Schlange  (Kirchenmitgliederrückgang/weniger Kirchensteuern/Niedrigzins/Inflation/…) sitzen und warten bis sie zubeißt, sondern bereit sind die Zukunft anzugehen. „Wir haben Zeit zu handeln, aber wir müssen handeln.“

Reiner Klotz hat in seinem Votum die Frage aufgeworfen, ob die Mittelfristige Finanzplanung nicht zu konservativ und vorsichtig geplant ist und ob die Synodalen wirklich ein „Weiter so“ wie immer wollen, also so etwas wie Museumspflege betreiben wollen. Oder ob sich die Landeskirche weiterbewegen will und eine Kirche der Zukunft sein will! Wir von Kirche für morgen setzen alle unsere Kräfte dafür ein eine zukunftsfähige Kirche zu gestalten!
 

Reiner Klotz


Mehr Gemeindebildende Initiativen für junge Erwachsene?

Kirche für morgen hat den Antrag „Konkrete Unterstützung für gemeindebildende Initiativen mit jungen Erwachsenen“ eingebracht. Der OKR wird gebeten, 5-10 gemeindebildende Initiativen, die hauptsächlich junge Erwachsene (im Alter von 20 bis 40 Jahren) ansprechen und in unserer Ev. Landeskirche in Württemberg zu beheimaten mit einer landeskirchlichen Förderung zu unterstützen.

Die Freiburger Studie verdeutlichte, dass junge Erwachsene in unserem kirchlichen Umfeld nur sehr begrenzt vorkommen.

Entsprechend ist es notwendig, junge Erwachsene wieder deutlicher in unser Blickfeld zu nehmen. Ziel muss es sein, wieder mehr Kirche für 20 bis 40-Jährige zu sein. So könnte es gelingen dem Trend der Austritte entgegenwirken und unserem Auftrag gerecht werden, Kirche für alle Altersgruppen zu sein.

Gemäß unseres Fokussierungskriteriums „Eröffnung von Erprobungsräumen“ gilt es, diese alternativen Formen von Kirche frühzeitig zu unterstützen und diese auch in unserer Landeskirche zu verorten, um eine zukunftsfähige Kirche zu gestalten!

Marion Blessing


Nominierungsausschuss für Bischofswahl eingesetzt

Die Landessynode wird im nächsten Jahr eine neue Landesbischöfin oder einen neuen Landesbischof wählen, Bischof July wird im Sommer 2022 aus Altersgründen aus seinem Amt ausscheiden. Für die Auswahl geeigneter Kandidatinnen und Kandidaten hat die Synode einen Nominierungsausschuss eingesetzt. Mit Matthias Böhler haben wir einen KFM Synodalen in dieser Runde.

Nachdem sich der Nominierungsausschuss konstituiert hat, macht er sich auf die Suche nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten. Maximal drei Personen kann er der Landesynode vorschlagen. Die Bischofswahl ist für die Frühjahrssynode 2022 vorgesehen, am 24. Juli 2022 soll in einem Gottesdienst in der Stuttgarter Stiftskirche der Bischofswechsel vollzogen werden.

Spannend wird diese Wahl auch deshalb, weil dazu eine Zweidrittel-Mehrheit der Landessynode (91 Sitze) notwendig ist. Somit können die großen Gesprächskreise, die „Offene Kirche“ (31 Sitze) und die „Lebendige Gemeinde“ (30) jeweils mit einer geschlossenen Ablehnung eine Wahl eines potentiellen Gegenkandidaten verhindern. Gleichzeitig werden die die beiden kleineren Gesprächskreise „Evangelium und Kirche“ (17 Sitze) und „Kirche für Morgen (12 Sitze) dadurch eine wichtige Rolle spielen müssen.

Den 91. Sitz in der Synode nimmt der Vertreter der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen ein.

Götz Kanzleiter

Mutiger Neustart für die EKD-Synode

Ein persönlicher Rückblick von David Lehmann

128 Synodale aus ganz Deutschland. Davon 25 Personen unter 27 Jahren. Mit diesem starken Statement für die nächste Generation startete die neue EKD-Synode vom 6.-8. Mai hochmotiviert in die erste digitale Tagung. Schon am ersten Abend in digitalen Bars wurde mir schnell klar: hier sind viele Menschen zusammen, die wirklich mutig und hoffnungsvoll in die Zukunft schauen.  

Das zeigte sich besonders in der Wahl der 25-jährigen Studentin Anna-Nicole Heinrich aus Regensburg zur neuen Präses, dem höchsten Laienamt in der EKD. Für mich ein echtes Aufbruchssignal, denn bisher waren es vor allem erfahrene Politik-Profis und Ex-Minister:innen, die die Synode geleitet und nach außen vertreten haben. Ich habe Anna als eine sehr kompetente, gut vernetzte und leidenschaftlich glaubende Persönlichkeit kennengelernt, die für vieles steht, was auch uns am Herzen liegt: Eine zukunftsorientierte, pragmatische und missionale Kirche, die auch die im Blick hat, die wie sie selbst nicht aus der christlichen Bubble stammen.  

Zum ersten Mal überhaupt haben wir als Kirche für morgen einen Platz in der EKD-Synode und ich freue mich sehr darauf, dort über die nächsten 6 Jahre Kirche mitgestalten zu dürfen. Als Zitrone bin ich selbstverständlich im Zukunftsausschuss aktiv und werde dort unsere Ideen für die Kirche mit einbringen. 

Die EKD-Synode ist neben dem Rat der EKD und der Kirchenkonferenz eines der drei Leitungsgremien der Evangelischen Kirche in Deutschland. Hier werden ähnlich wie in der Landessynode Themen diskutiert und Gesetze beschlossen. Trotzdem tickt das Gremium etwas anders: Die Synodalen Arbeitsgruppen (quasi EKD-„Gesprächskreise“) sind eher lose Zusammenschlüsse, Wortbeiträge im Plenum haben wesentlich mehr Gewicht und die Vielfalt an Hintergründen und Interessen ist nochmal größer. 

Unsere Württemberger EKD-Team besteht neben mir aus 7 weiteren Synodalen, darunter auch Andrea Bleher, die in das Präsidium um Anna-Nicole Heinrich gewählt wurde.  

Ich bin sehr gespannt auf diese neue Aufgabe und die nächste Tagung im Herbst. 

– David Lehmann 

Für alle, die die neue Präses noch etwas näher kennenlernen wollen:

Frühjahrssynode 2021 – Beziehungen statt Bezäunungen

Liebe Kirche für morgen Unterstützende!

Hier kommen ganz frisch aktuelle Infos aus der Frühjahrstagung der Landessynode. Wir tagten diesmal wieder hybrid – mit einer kleinen Anzahl Menschen im Hospitalhof und der Mehrheit der Synodalen zuhause vor dem Screen. Wie gewohnt finden Sie hier eine Zusammenfassung der wesentlichen Punkte.

Viel Spaß beim Lesen!


Mehr „Kömmer des mal wieder machen“-Momente in der Kirche

Landesbischof July äußerte sich in seinem Bericht in der Frühjahrstagung der Landessynode zu den 12 Leitsätzen der EKD. Bewusst öffnete er damit ein weites Feld. Die Leitsätze berühren nahezu jeden Punkt im kirchlichen Geschehen der Landeskirche.  Dadurch wurden sämtliche Themen angesprochen und von den Gesprächskreisen in den  Voten und den anschließenden Wortbeiträgen dann auch unterschiedlich aufgegriffen und bewertet.

Als „Herz- und Gänsehautmomente“ bezeichnete July  die besonderen geistlichen Erlebnisse, die Glaube und Kirche ausmachen. „Kömmer des mal wieder machen“  zitierte ich deshalb meinen Sohn Johannes,  nachdem er sein erstes Abendmahl zuhause im Wohnzimmer gefeiert hatte. Und damit einen dieser „Herz- und Gänsehautmomente“ erlebt hatte, nach denen sich viele Menschen sehnen. Davon will „Kirche für morgen“ viel mehr ermöglichen!

Zum Beispiel durch

  • die Gemeindegründungsarbeit mit jungen Erwachsenen – um ihnen eine geistliche Heimat zu ermöglichen
  • den erleichterten Zugang zum Pfarrberuf für Menschen, die nicht Theologie studiert haben – um Menschen aus vielen Milieus zu erreichen
  • die Ermöglichung der Feier des digitalen Abendmahls und des Hausabendmahls – um Raum zu schaffen für tiefe geistliche Erfahrungen, dort, wo man zuhause ist.

Damit die Frage in der Kirche (wieder) häufiger zu hören ist – DAS WÜNSCHEN WIR UNS: „Kömmer des mal wieder machen?“

Britta Gall


Digitales Abendmahl? Geht das und darf man das?

Für manche eine Randfrage und leicht zu lösen. Warum nicht?! Für die Kirchenleitung und die Theologen ein umstrittenes Ding. Hellger Koepff (Vorsitzender des theologischen Ausschusses) berichtete vom Studientag im Februar 2021 und den Diskussionen im theologischen Ausschuss. Dabei ging es vor allem um Fragen der Digitalisierung und um einzelne Aspekte des Abendmahls (z.B. Gemeinschaft, Leiblichkeit). Er brachte drei Anträge ein. Hier geht es um die weiteren Beratungen, die Informationen zum Osterfest 2021 und der Ermöglichung von digitalen Abendmahlsfeiern. Nach einer umfassenden Aussprache der Synodalen wurde allen Anträge mit großer Mehrheit zugestimmt. Dabei zeigte sich auch eine große Einheit gesprächskreisübergreifend. Am Freitag haben wir als Gesprächskreis schon einen selbstständigen Antrag eingebracht zur Änderung der Abendmahlsordnung. Wir können uns gut vorstellen, dass in Notfällen ein Hausabendmahl ohne von der Landeskirche ausgebildete Personen möglich sein kann. Dieser Antrag wurde in den Rechtausschuss verwiesen.

Anja Faisst


Kirche verständlicher machen – Auch auf Youtube

In der Frühjahrssynode wurde der Antrag „Videos für unterschiedliche Ziel- und Altersgruppen“ von uns eingebracht. Ziel dieses Antrags ist die Produktion von kurzen Clips für Konfirmanden, Junge Erwachsene und viele mehr, um für mehr Transparenz an der Basis zu sorgen und um die Aufgaben der Ev. Kirche verständlich zu erklären, u.a. zu den Themen: Was passiert mit meiner Kirchensteuer? Welche Bereiche gehören zur Landeskirche? Was ist Diakonie? Was macht ein Landesbischof? Was sind die Aufgaben der Landessynode? Viele Begriffe in Bezug auf die Institution Kirche werden heute nicht mehr verstanden, deshalb ist es notwendig für größtmögliche Transparenz zu sorgen. Diese Transparenz braucht es insbesondere in den Gruppen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, um dem Austrittsverhalten aktiv entgegenzuwirken. Junge Menschen müssen nachvollziehen können, welche Aufgaben wir als Kirche wahrnehmen, woher das nötige Geld kommt und welche Mitbestimmungsmöglichkeiten es gibt.

Marion Blessing


Was sind unsere kirchlichen Schwerpunkte in Zukunft?

Eine der wichtigsten Aufgaben der Landessynode ist die Verantwortung für den Haushalt. Es geht also viel um Geld. Dass wir davon immer weniger haben werden ist eine Entwicklung, die uns viele Untersuchungen und Studien in den letzten Jahren immer wieder vor Augen führen. Die Landessynode hat im letzten Jahr einen Sonderausschuss für „inhaltliche Ausrichtung und Schwerpunktsetzung“ eingesetzt, der sich intensiv damit beschäftigt, welche strategischen Ziele wir als Kirche langfristig verfolgen wollen.
Wie stellen wir uns Kirche 2030 vor? Welche Arbeitsfelder sind zukunftsfähig? An welchen Stellen müssen wir Dinge aufgeben? Wie gehen wir mit dem massiven Mitgliederrückgang um und wie können wir in Zukunft noch oder wieder Menschen erreichen? Es geht um ein langfristiges Bild von Kirche. Sparen nach dem Rasenmäherprinzip wie in der Vergangenheit üblich, soll es nicht mehr geben. Für uns Kfm-Synodale ist in diesem Prozess wichtig, dass wir eine Kirche im Wandel mutig gestalten. Experimentierräume und neue Formen von Kirche dürfen keinen Sparzwängen zum Opfer fallen, sondern haben für uns oberste Priorität für eine zukunftsfähige Kirche. Wir wollen eine mutige Kultur der Erneuerung, mit dem Fokus auf Menschen, die wir nicht mehr oder noch nicht erreichen.

Matthias Böhler 


Die aktuelle Stunde

In der aktuellen Stunde beschäftigte sich die Landessynode unter anderem mit dem Thema „Neue Egoismen in der Corona-Pandemie“. Unser Synodaler Bernd Wetzel stellte die Frage in den Raum: „Was ist die Aufgabe der Kirche im Blick auf Egoismen?“ und beantwortete diese, indem er feststellte, dass „die stärkste und nachhaltigste Veränderung bei mir selbst beginnt!“ Im Sinne der Jahreslosung empfiehlt er uns, Barmherzigkeit zu üben – oder, wie sein Sohn es ausdrückte: „Chill mal!“ Ich  stellte die Frage in den Raum, ob die „neuen Egoismen“ tatsächlich so neu sind – oder durch die Krise und den damit einhergehenden Ängsten, Sorgen und gesellschaftlichen Erfolgsdruck nur zu Tage gefördert werden. Mein Rezept gegen Corona-Egoismus: Keine wohlklingenden landeskirchlichen Verlautbarungen, sondern als Einzelner den Unterschied machen und seinem Gegenüber – auch dem „Corona-Egoisten“ – mit Nächstenliebe zu begegnen. 

Ralf Walter


Das Klimakonzept nimmt Fahrt auf

„Ein wichtiges Anliegen für Kirche für morgen“, das machte Götz Kanzleiter in seinem Votum am Samstagnachmittag deutlich. „Mit dem vorgestellten Klimakonzept geht richtig was voran.“ Der synodale Antrag wurde im Sommer 2019 eingebracht und mit der letzten Synodaltagung unserer Vorgängersynode beschlossen. „Die Evangelische Landeskirche übernimmt damit Verantwortung für ihren Umweltressourcenverbrauch im kirchlichen Leben in allen Bereichen“, so Kanzleiter. Kirche für Morgen unterstützt diese differenzierten und komplexen Bemühungen für den Umwelt- und Klimaschutz und dankt allen aktiven Protagonisten in der Landeskirche für diese Vorarbeiten. Speziell beim Thema Mobilität sollen alle Mitarbeitende in der Landeskirche unterstützt werden. Smarte Elektro-Mobilitätskonzepte können hier vorbildhaft Einsparungen erreichen. Wir müssen nun vom Reden ins Tun kommen. Deshalb erscheint uns auch die Verabschiedung eines Klimaschutzgesetzes zielführend und für uns als Kirche angemessen. Der Antrag, mit einem ersten Vorschlag für solch ein Klimaschutzgesetz, wurde eingebracht und von der Synode an den Rechtsausschuss zur weiteren Bearbeitung verwiesen. 

Bernd Wetzel


Landesbischof kündigte seinen Abschied an

Der Landesbischof kündigte seinen Abschied an. Frank Otfried July wird noch ein Jahr im Amt sein. In der Sommersynode wird der Nominierungsausschuss für die NachfolgerIn oder den Nachfolger eingesetzt. Es bleibt also spannend.

Danke, dass Sie Kirche für morgen folgen und mit uns an den Aufbruch für morgen glauben!

Einfach nur die Klappe halten? Oder sich doch einmischen? – Zitronenfalter 1/2021

Liebe Leserinnen und Leser,

Manchmal ist es das Beste: Man hält einfach die „Klappe“!

Ist es das wirklich? Auch dann, wenn wie in den letzten Monaten radikale Positionen, Verschwörungstheorien in den sozialen Netzwerken oder gar im Freundeskreis kursieren? Die fordern heraus. Da gilt es Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung kommt von Antwort. Also: Position beziehen! Aber wie? Im Superwahljahr 2021 liegt uns das Thema Mitmischen und sich Einmischen am Herzen, getreu dem Martin Luther zugeschriebenen Bonmot: „Tu’s Maul auf, tritt fest auf, hör‘ bald auf.“ „Sind wir als Kirche zu spät, zu ängstlich und zu leise?“, fragt Dr. Jens Schnabel im Positionslicht.
Gerhard Müller bringt auf den Punkt, was es mit der Wahrheit auf sich hat und warum sie uns Mühe macht. Im Blick auf aktuelle evangelikale Strömungen informiert Werner Kremers und bezieht Position. Und Jesus? Der Herr der Kirche? War er radikal oder barmherzig? Dazu ein Briefwechsel in der Heftmitte.

Diese Ausgabe soll wachrütteln und ermutigen, nachzudenken und Position zu beziehen, um dann zur richtigen Zeit den Mund aufzumachen. Auch und gerade im Superwahljahr 2021. Dabei wünschen wir Ihnen viel Weisheit und den Segen Gottes.

Zwanzig Jahre und voller Tatendrang!

Die Reforminitiative „Kirche für morgen“ wird 20 Jahre alt! Am 9. Februar 2001 haben 27 engagierte Frauen und Männer mit viel Begeisterung den Verein „Kirche für morgen“ in Herrenberg gegründet. Bei der Kirchenwahl im selben Jahr konnte „Kirche für morgen“ bereits mit zwei Synodalen in die Landessynode, das Parlament der Württembergischen Landeskirche, einziehen.

Seither ist einiges passiert. Wurde die Reforminitiative am Anfang eher belächelt, so ist sie inzwischen zu einer festen Größe in der Württembergischen Landeskirche geworden. Mit nunmehr zwölf Synodalen ist „Kirche für morgen“ in der Landessynode, vertreten. „Kirche für morgen“ setzt sich ein für neue Formen von Kirche, für mehr Aufbruch, Vielfalt und Kreativität, um die christliche Botschaft zu den Menschen unserer Zeit zu bringen.

Vieles wurde in den vergangenen Jahren erreicht: Gemeinden haben größere Freiheiten bei der Wahl ihrer Pfarrerinnen und Pfarrer, Ehrenamtlichen wird mehr zugetraut bei der Feier von Gottesdiensten und Sakramenten, die kirchenmusikalische Landschaft ist bunter und vielfältiger geworden, neue Gemeindeformen sind gewachsen als Ergänzung zu den traditionellen Parochien und manches mehr.

Das alles waren erste Schritte, aber noch lange nicht das Ziel. Für die Zukunft gibt es noch viel zu tun: Als Kirche dürfen wir uns nicht mit sinkenden Zahlen abfinden. Wir brauchen den Mut, neue Wege zu gehen, Start-ups zu gründen, konsequent 10 Prozent aller Ressourcen in Innovationen zu stecken.

Mit dem bereits zwei Mal verliehenen Innovationspreis zeichnet „Kirche für morgen“ Menschen aus, die mit ihren Projekten zeitgemäße Formen finden, um die beste Botschaft der Welt mit den Menschen zusammenzubringen. Durch die Zeitschrift „Zitronenfalter“ greift die Reforminitiative zwei bis drei Mal im Jahr aktuelle Themen auf und diskutiert brennende Fragen.